Ein Erfahrungsbericht
Da will man mal eben was testen, und dann erlebt man die Begegnung der dritten Art… Live-Musik ist halt nicht durch etwas anderes ersetzbar. Diese schöne Erfahrung habe ich kürzlich mit der Software Jamulus machen können.
Schon lange Zeit gestalte ich meinen Online-Geigenunterricht mit Hilfe der Plattform NextCloud. In der Hoffnung, etwas mehr Live-Anteil in den Unterricht zu bringen, habe ich mich auf die Suche nach Möglichkeiten für gleichzeitiges Musizieren über das Internet in Echtzeit gemacht.
Bei meiner Recherche bin ich auf verschiedene Tools gestoßen, unter anderem SoundJack und Jamulus. Zum Testen von SoundJack habe ich bisher noch nicht die Zeit gefunden.
Wichtig für mich war unter anderem das Kriterium, dass auch Nicht-Nerds möglichst in der Lage sein sollten, das Tool für sich einzurichten und nutzbar zu machen. Ich muss dazu sagen, dass ich im Allgemeinen eine große Lern- und Experimentierbereitschaft bei meinen Schülerinnen und Schülern, bzw. deren Eltern feststelle, was digitale Kommunikation betrifft. Darüber bin ich sehr froh und allen sehr dankbar.
Zurück zum Test von Jamulus. Ich habe dieses Tool zuerst getestet, weil mich vor allem die Klarheit der Installationsbeschreibung für sämtliche Betriebssysteme auf deren Webseite überzeugt hat. Es bleibt nicht viel, über das geraten werden muss. Die wenigen Schritte, die in der Anleitung zur Installation beschrieben wurden, haben sofort funktioniert.
Ich habe das auf einem Debian Buster System und auf einem Notebook unter Windows 10 erfolgreich getestet.
Was ich bestätigen kann, ist, dass es nicht nur wegen der Signalverarbeitung absolut sinnvoll ist, ein externes Audio-Interface zu benutzen. Auch das Zusammenspiel von Windows 10 und ASIO4ALL lief (wenigstens bei mir) zusammen mit dem externen Audio-Interface wesentlich reibungsloser ab.
Zum Testen habe ich am Linux-Rechner ein Alesis IO2 und am Windows-Laptop ein Behringer U-Phoria UM2 angeschlossen.
Was ich zunächst nicht klar war, war, dass man sich nach dem Start von Jamulus an öffentliche Server connecten kann und diese quasi als virtuelle Proberäume betreten kann. So bin ich unversehens mitten in eine Probe hineingeplatzt und war erstmal erstaunt, dass ich da wenn auch virtuell, aber doch echten Menschen begegnet bin, die gerade zusammen musizierten.
Da in dem Raum mehrere Leute waren, fiel meine Anwesenheit nicht weiter auf, und so habe ich einfach nur eine Weile fasziniert zugehört und den Raum dann wieder verlassen, wollte ja auch nicht stören.
Nach coronabedingter monatelanger Live-Abstinenz mal wieder Leuten zu begegnen, die gemeinsam Musik machen, war das schon mal ein erster Flash. Aber es sollte noch besser kommen.
Erste Erkenntnis also: Die Räume sind öffentlich betretbar, und in der Liste ist zu sehen, wie viele Personen sich gerade in einem Raum aufhalten. Okay, als nächstes habe ich mir einen Raum gesucht, in dem niemand zu sein schien, um ein bißchen mit meinen Audioeinstellungen zu experimentieren.
Habe natürlich nicht damit gerechnet, dass sich auch dort jemand dazuschaltet… „Hallo..?“, hieß es plötzlich aus dem Äther. Und weiter: „Kannst Du mich hören? Vielleicht hast Du kein Micro, aber spiel doch mal ein F-Dur Arpeggio, dann höre ich, ob Du da bist.“. „Oops…“, dachte ich, hier ist ja einiges los. „Doch, doch, hab ein Micro, bin nur gerade zum ersten Mal in Jamulus unterwegs und muss erstmal warm werden mit der Umgebung.“ Wir haben dann eine Weile hin und her gequatscht, und währen wir uns so unterhielten, schaltete sich noch ein dritter Gast dazu. Ich also mit der Geige aus Köln, ein E-Kontrabassist aus Franken/ Bayern und ein Gitarrist irgendwo aus UK. Eh ich mich versah, war die Band komplett!
Nicht lang gefackelt, und die Mucke ging los. Ganz ehrlich: Ich hätt’s mir nicht träumen lassen, es funktionierte tatsächlich! In Echtzeit. Komplett synchron! Unglaublich. Und zu dritt rockten wir mal eben die virtuelle Hütte, wie geil!